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The Milk Run Im Englischen bezeichnete der Ausdruck „milk run“ ursprünglich die tägliche Route des Milchmanns, der von Haus zu Haus ging, viele Zwischenstopps einlegte, frische Milch brachte und leere Flaschen einsammelte. Heute wird die Redewendung im übertragenen Sinn gebraucht: Gemeint ist damit eine gemächliche Fahrt mit vielen Halten also genau das Gegenteil vom Schnellzug oder der Autobahn. Die Arbeiten in dieser Ausstellung sind in diesem Geist entstanden: tastend, abschweifend, indirekt. Sie versammeln Bilder, Texte und Bedeutungsfragmente, die die Künstler unterwegs eingesammelt haben. Mendritzkis Tuschezeichnungen von Gefäßen entstehen improvisiert als Reaktion auf obsessive Gedanken, Bildfragmente oder aufgeschnappte Gesprächsfetzen. Man könnte sich vorstellen, wie eine Idee in ein bestimmtes Gefäß gegossen wird: Die Idee nimmt diese Form an. Form ist Inhalt; Inhalt ist Form. Doch es gibt auch Spielräume für Tricks: Ein falsch beschriftetes Glas kann uns überraschen. Vielleicht steckt im Salzstreuer Pfeffer, oder in der Zuckerdose Salz. In diesen Arbeiten geraten Zuschreibungen ins Wanken, und Überraschungen sind mal süß, mal bitter, mal beides zugleich. Entstanden sind die Zeichnungen an ganz unterschiedlichen Orten in einem Schloss im Süden Frankreichs, in einem Atelier in einem ehemaligen Waisenhaus in Kanada, in einer Ferienwohnung in Herrenberg. Die Gefäße füllen sich jeweils mit Eindrücken, Bildern und Worten aus diesen Orten und verkörpern so das Nebeneinander von Räumen und Zeiten, das wir auch im Alltag durchqueren, während wir denken, leben und Erfahrungen sammeln. Erica Mendritzki wurde in Sarnia, Kanada, geboren und lebt heute in Halifax, wo sie Professorin für Malerei und Zeichnung an der NSCAD University ist. Seit zwanzig Jahren verbindet sie eine enge Zusammenarbeit mit dem Künstler Ufuk Gueray von gemeinsamen Arbeitsräumen über Ortswechsel auf verschiedene Kontinente bis hin zu zahlreichen Projekten. Mendritzki ist eine interdisziplinäre Künstlerin mit einer Praxis, die in Malerei und Zeichnung verwurzelt ist. Ihre Arbeit kreist um Fragen der Kommunikation, um Prozesse des Verfalls und um Formen der Improvisation. In jüngerer Zeit hat sie begonnen, Duft als Material in ihre Arbeit einzubeziehen. Im Frühjahr 2025 nahm sie an einer Künstlerresidenz im Château La Napoule in Frankreich teil (nahe Grasse, dem historischen Zentrum der französischen Parfümindustrie), wo sie experimentelle Parfüms entwickelte und das Zusammenspiel von Geruch und Sehen untersuchte. Mendritzki hat einen BFA von der Concordia University sowie einen MFA von der University of Guelph. |
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